Mein Leben Teil 27: Wurzeln und Flügel… mein Erziehungsmantra

Die Erziehung und das Leben mit Söhnen ist eine Sache… das Leben und die Erziehung einer Tochter eine ganz andere…

Als ich erfuhr, dass mein zweites Kind eine Tochter war, fuhren meine Gefühle Achterbahn… unser Sohn war bei ihrer Geburt bereits 12, und er war ein sehr liebes und zufriedenes Kind.

Ich selber hatte ein sehr schwieriges Tochter-Mutter-Verhältnis… es war durch Eifersucht geprägt, und immer wieder erzählte meine Mutter meiner Schwester und mir, wie traurig sie sei, dass sie zwei Töchter hätte, Söhne seien doch viel mehr wert und würden sich viel besser um sie als Mutter kümmern.

Dabei haben wir uns immer sehr um unsere Mutter gekümmert… tägliche Telefonate und ständig unser Leben nach ihren Plänen ausrichten, auch als wir schon eigene Familie mit Kindern hatten, waren für uns völlig normal… wir hatten nie etwas anderes gekannt.

Mein Vater konnte oder wollte an dieser Tatsache nichts ändern, und erst bei meinem Abschied an seinem Totenbett sagte er mir zum ersten Mal in seinem Leben… dass er mich liebte… und bemerkte, wenn es ein weiteres Leben gäbe, dann würde er gerne als mein Sohn geboren werden, denn er fände… ich sei eine wundervolle Mutter.

Das waren die ersten positiven Äußerungen zu meinem Leben, leider hatte ich bis dahin 42 Jahre nur Negatives zu hören bekommen, lediglich mein Medizinstudium und meine berufliche Karriere waren von ihm mal positiv bemerkt worden, weil er damit der Außenwelt zeigen konnte, wie erfolgreich seine Tochter war… was er natürlich als seinen Verdienst ansah.

Was mich und meinen Sohn all diese „Karriere“ gekostet hatte, und das sie nur der Loslösung von meinem ersten Mann diente und danach auch einfach für mein Überleben allein mit Kind notwendig war, blieb dabei völlig unbemerkt.

Mit dieser Tochter-Mutter-Erfahrung waren meine Gefühle sehr gemischt, nun selbst eine Tochter zu bekommen.

Einerseits freute ich mich sehr, nun nach unserem Sohn auch eine Tochter zu bekommen und nicht mehr das einzige weibliche Wesen im Haushalt zu sein… selbst unser Hund war männlich… andererseits hatte ich einen Heidenrespekt vor dieser Aufgabe, ein Mädchen zu erziehen und es hoffentlich besser zu machen.

Erst einmal kürzte Stella die Schwangerschaft vorzeitig ab und war wie ein Paukenschlag in unserem Leben… und von diesem Anfang an auch sehr präsent.

Schlaf und Ruhe waren in ihrem Tagesablauf einfach nicht vorgesehen… da gab es nur Stillen und Getragen werden und ständige Aufmerksamkeit.

Mein Mann erzählt ihr heute noch von seinen ungezählten Runden nachts um unseren Esstisch… wenn sie wiedermal nicht schlief… das Ganze ging dreieinhalb Jahre so weiter… bis sie endlich eine Nacht durchschlief.

Ihr kleiner Bruder setze dieses Schlafverhalten dann später leider ebenso fort, wir haben nie herausgefunden, warum die beiden solche Schlafschwierigkeiten hatten.

Aber auch vom Wesen her war unsere Tochter ganz anders als ihr großer Bruder… sie konnte nie alleine spielen und war sehr willensstark.

Max war ein unglaublich geduldiger großer Bruder und hat sich sehr viel Zeit für seine Schwester genommen.

Die Kindergartenzeit wurde dann etwas einfacher mit Stella, aber ihre Willensstärke war bemerkenswert… da saßen wir auch schon mal Stunden vor der Haustür, weil sie sich weigerte die letzten drei Schritte zu gehen und das lautstark kundtat.

Mit fünf Jahren hatten wir dann alles soweit bewältigt, und mit Beginn ihrer Schulzeit wurde sie immer ausgeglichener, und wir hatten eine sehr harmonische Zeit, bis zu einer kurzen, aber sehr gewaltigen pubertären Vorphase mit 12.

Meine größte Sorge, sie nicht genauso lieben zu können wie ihren großen Bruder, hatte sich von Anfang an nicht bestätigt, und auch als unsere Nummer drei kam… bemerkte ich, dass man als Mutter mehrere Kinder ebenbürtig lieben kann… wahrscheinlich braucht man hierfür einfach die Erfahrung als mehrfache Mama.

Ich hatte nie wie meine Mutter das Gefühl der Eifersucht meiner Tochter gegenüber, sondern bin unglaublich stolz und glücklich, wie sie ihr Leben trotz all unserer Umzüge meistert, und das war für sie sicher am schwierigsten.

Max hatte auch einige Schulwechsel, und Philippe Kindergartenwechsel, aber bei Stella waren es die meisten Veränderungen in ihrer Schulzeit.

Ich habe ihr aber von Anfang erklärt, warum wir umziehen, und bezog sie schon sehr früh in viele Entscheidungen mit ein.

Sie hat dann auch schon früh angefangen, ihre „liebsten“ Kontakte auch über eine große Entfernung zu halten, das klappt natürlich nicht immer… aber wurde mit der Zeit immer einfacher… da sie jetzt schon alleine mit dem Zug nach Bayern fährt und ihre Freundin nach Köln.

Ihre Bindung zu mir ist natürlich auch deshalb sehr eng, weil ich ihre beständigste Bezugsperson bin, mein Mann ja durch seine Arbeit mehr von zu Hause weg war.

Wir haben schon immer viel zusammen unternommen… und auch ohne ihre Brüder nehmen wir uns oft eine Auszeit… aber wenn sie eine Verabredung oder Party hat, hat das für mich immer Vorrang… der Umgang mit Gleichaltrigen ist für mich sehr wichtig für ihre Entwicklung.

Wir führen häufig sehr „erwachsene“ Gespräche, und ich beziehe sie in meine Arbeit ein, wenn es möglich ist.

Da es mein Lebenstraum ist , alle meine Kinder mit in mein „kleines Unternehmen“ zu integrieren… versuche ich alle drei schon jetzt je nach Alter und Veranlagung mit einzubeziehen.

Sie kennt meinen Werdegang ganz genau und weiß, wie wichtig ein guter Beruf für sie als Frau ist, um ihre Selbstständigkeit zu bewahren.

Als sie sich vor einiger Zeit immer mehr für medizinische Themen interessierte, erzählte ich ihr viel über mein „früheres“ Leben und erklärte ihr auch sehr genau, wie wichtig ihre Noten sind, um später überhaupt studieren zu können.

Ich sehe meine Aufgabe als Mutter nicht darin, hinter ihren Noten herzulaufen, aber mit 12 – jetzt 13 – soll ihr klar sein, wenn sie jetzt nicht diese Noten erreicht, wird es fast unmöglich, es später in der Oberstufe zu schaffen.

Und ob sie nun wirklich mal Medizin studiert oder die momentan zweite Option, Schauspiel zu studieren, wählt… und was auch immer ihr bis dahin liegt… ein gutes Abitur ist bestimmt nicht hinderlich.

Ich versuche alle meine Kinder sehr lebensnah zu erziehen und „arbeite“ fast nie mit irgendwelchen Verboten oder Regeln, sondern erkläre, warum ich gewisse Verhaltensweisen wichtig finde.

Mein Mann denkt genauso, und wenn eins unserer Kinder eine Idee oder einen Wunsch hat, besprechen wir gemeinsam, wie wir diese Idee realisieren können… und sehr häufig gelingt es dann auch sie umzusetzen.

Gegenseitiges Vertrauen und Respekt dem Anderen gegenüber sind die Grundlagen unseres Erziehungsstils.

Dazu gehört für mich auch der frühe Umgang mit Geld… so bekommt auch Stella, wie schon ihr großer Bruder vor ihr, seit Anfang des Jahres ein „Kleidergeld“ von uns, über das sie frei verfügen kann.

Bisher klappt es sehr gut, und sie ist immer erstaunt, was bestimmte Sachen kosten… Dinge, über die sie vorher nicht nachgedacht hat.

Erwachsen werden bedeutet für mich… die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, und das kann man wohl nie besser lernen… als im geschützten Rahmen der Familie.

Herzensgrüße
Eure Rike

11 thoughts on “Mein Leben Teil 27: Wurzeln und Flügel… mein Erziehungsmantra

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  3. Anonym

    Hallo liebe Rike,
    danke für deine wunderbaren Lebensgeschichten, auch bei mir steht im nächsten Jahr ein grosser Umzug und eine Lebensveränderung an. Da ich auch viele Ängste und Zweifel habe, geben mir deine Geschichten, Mut das Leben in due hand zu nehmen und auch mal was zu riskieren. Ich habe mit meinem geliebten Mann auch schon alle Höhen und Tiefen des Lebens durchgemacht und gemerkt zu zweit schafft man alles. Also nochmals danke, du machst mir Mut

    • Bloggermaman

      Darüber freue ich mich sehr…natürlich gelingt nicht alles…aber hätten wir es nicht gewagt, würden wir auf viele Erfahrungen verzichten..ich werde immer klarer aber bin bei weiten noch nicht am Ziel und immer wieder gibt es Tiefschläge, das ist das Leben …eine große Liebe an seiner Seite zu wissen ist wunderbar und das einzig Wirklich Wichtige lg Rike

  4. Anonym

    Liebe Rike,

    ich folge Dir auf Instagram eigentlich schon seit ich dabei bin (seit knapp 1 Jahr). Ich mag Deine Fotos und Videos und all das was Du so postest. Viel zu selten lese ich Deinen Blog (das wird sich ab heute ändern 😉 ) Mein Leben verlief ganz anders als Deins, aber trotzdem finde ich mich sehr in Deinen Beschreibungen wieder, was die Erziehung angeht oder Deine Einstellung zum Leben usw. Auch ich habe eine 13 jährige Tochter, sie wird im September 14 und ist unser einziges Kind. Ich glaube wir haben Sie bis jetzt auch gut erzogen und ich hoffe, dass wir sie gut vorbereiten auf Ihr Erwachsensein. Auch ich habe ein schwieriges Verhältnis zu meiner Mutter, da sie im Rollstuhl sitzt und es schon seit ich denken kann sehr gut versteht mir immer ein schlechtes Gewissen zu machen (Ich bin auch Einzelkind).
    Ich freue mich für Dich, dass Du mit Deinem Leben doch scheinbar sehr glücklich bist und freue mich auch, noch viel von Dir zu lesen und zu sehen. Viele herzliche Grüße
    M.

    • Bloggermaman

      Wie liebe Worte…die Sache ist auch meine Mutter war krank und hat das obwohl sie gesund wurde sehr spüren lassen … ich dachte lange ich wäre dafür verantwortlich…ich bin sehr glücklich aber ich muss immer viel kämpfen,denn die Vergangenheit ist irgendwo in uns noch vorhanden lg Rike

  5. Anonym

    Sehr schöner Post. Ja, unsere Eltern hatten nie gelernt ihre Gefühle uns gegenüber zu zeigen, trotzdem haben sie uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten geliebt und waren stolz auf uns. Aber direkt mit uns darüber zu reden, war ein anerzogenes no go. Hier hat sich vieles heute zum Besseren entwickelt. ������

    • Bloggermaman

      Das hat sich wirklich verändert… ich rede sehr viel mit meinen Kindern uns zeige ihnen wie stolz ich auf sie bin …danke für deinen Kommentar lg Rike

  6. Anonym

    Hallo Rike…
    in Deinen Zeilen kann ich mich gut wiedererkennen…
    Ich habe mit meiner Mutter ähnliche Probleme, die andauern und denen ich nur schwer aus dem Weg gehen kann, eben weil man ja als "gute" Tochter viel hinnimmt…aber auch nicht alles.
    Meiner Tochter ist auch 13 und auch ich erziehe sie ganz anders. Ich bin stolz auf sie…zeige und sage es ihr, obwohl ich das selbst nie kennengelernt habe. Wir haben von Anfang an versucht, eine positive Streitkultur zu schaffen… das heißt, man geht nicht schlafen, ohne sich zu versöhnen…man entschuldigt sich… gerade auch wir als Erwachsene.. etc…
    Trotz Pubertät haben wir ein sehr enges Verhältnis und das macht mich richtig froh…aber auf der anderen Seite kommt mir dann oft meine Mutter ins Gedächtnis oder es eskaliert mal wieder eine Situation mit ihr…
    Das macht mich traurig und wütend…aber schlussendlich tut sie mir einfach nur leid… denn auch sie wird irgendwann -wie Dein Vater – die Erkenntnis ereilen, das Beste im Leben verpasst zu haben: die Zuneigung und das Vertrauen der eigenen Kinder!
    Alles Gute!

    • Bloggermaman

      …ich denke auch, wie traurig es sein muss mit diesem Wissen zu leben… mir tun sie auch leid und es wird für mich immer unverständlich bleiben …danke für deine Worte lg Rike

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