Meine lieben Leser,
mein Blog wandelt sich…
lange habe ich darüber nachgedacht, meinen Blog zu erweitern. Mein Traum ist es, ihn in eine Art Magazin zu verwandeln. Dazu gehören für mich auch Beiträge von anderen Autoren und Themen, die über meine Schwerpunkte hinausgehen.
Das alles braucht natürlich seine Zeit, und heute beginne ich mit einem Gastbeitrag von Judith @julesloveandlife, die meinem bisher eher französisch angehauchten Blog eine zusätzliche, italienische Note geben wird.
Also wenn Euch nicht nur Paris und Frankreich interessieren, sondern auch Rom und Italien, dann seid Ihr hier auf meinem Blog genau richtig…
Träume sind dazu da, um gelebt zu werden… Manchmal geht das natürlich nicht sofort, manchmal führt ein Weg über Jahre genau dorthin, ohne dass man es merkt. Und plötzlich ist man da.
Mein Traum von Italien, von einem Leben dort, führt in meine Kindheit zurück. Ich denke mit so viel Wärme an die Urlaube mit meinem Vater zurück, die wir Kinder mit ihm an der ligurischen Küste verbracht haben. Die Tage am Meer, das Fischessen am Hafen, die Herzlichkeit der Italiener und das Gefühl und der Wunsch, es würde ewig so weiter gehen. Ich erinnere mich noch genau daran, dass ich als kleines Mädchen davon geträumt habe, genau dort zu heiraten.
Viele Jahre später habe ich das schließlich getan. Zwischendurch war mir der Glaube daran, dass ich jemals heiraten würde, abhanden gekommen, und die Vorstellung, dies in dem kleinen, ligurischen Fischerdorf zu tun, eigentlich gar nicht mehr existent. Ich war mittlerweile Ärztin und alleinerziehende Mutter, und mein Alltag bestand aus Kind und Klinik. Zeit, um zu träumen, gab es wenig. Schließlich lernte ich meinen Mann kennen, und der Traum erfüllte sich. Ganz langsam wurde er wieder präsent, der erste gemeinsame Urlaub in Italien kam und dann die Hochzeit dort, wo ich es mir immer erträumt hatte.
Mit den Jahren wuchsen wir zu einer immer größer werdenden Patchworkfamilie zusammen. Wir hatten mittlerweile 4 Mädchen zusammen. Viele Urlaube führten uns zurück nach Italien, oft begleiteten wir meinen Mann auch, wenn er beruflich im Ausland unterwegs war. Hotels, Buffets, Poolanlagen – es waren schöne Urlaube, wir genossen die gemeinsame Zeit, aber es war nichts, woran das Herz wirklich hing. Mein Mann war der erste, der irgendwann davon begann, wie es wäre, ein Haus an einem Ort zu haben, an dem man sich wohlfühlte. Ein Ort für die Familie. Und nicht nur für unsere, sondern auch für unsere Eltern, unsere Freunde. Ein offenes Haus für alle, die wir lieben. Ich war zugegebenermaßen skeptisch, vielleicht fehlte mir zunächst auch einfach der Mut. Der Alltag zwischen Kindern und Beruf ließ zeitweise wenig Platz für solche Träume. Und trotzdem schlug bei dem Gedanken daran mein Herz ein bisschen lauter. Ich verabredete mit meinem Mann eine Woche, in der wir durch Italien fahren und uns Landschaften und mögliche Häuser anschauen würden. Die Kinder blieben derweil bei meinen Schwiegereltern. Als Vorbereitung schrieben wir viele Immobilienmakler an und verabredeten Besichtigungen. Uns fiel auf, wie viele deutsche Immobilienmakler sich scheinbar in Italien niedergelassen hatten.
Wir saßen tagelang in Autos, besichtigten restaurierte Anlagen, alleinstehende, aber restaurierungsbedürftige Häuser. Vieles war wunderbar, hin und wieder kamen wir in Versuchung, aber es war nicht so, dass wir irgendwo das Gefühl hatten „hier bleiben wir“. Schließlich stand noch eine Besichtigung aus. Wir hatten im Internet ein Haus im Süden der Toskana entdeckt, angeboten von Privatleuten, also ohne Makler. Der Weg führte uns irgendwohin ins Nirgendwo. Mein erster Gedanke war „das geht gar nicht“. Viel zu weit ab vom Schuss, die Anreise viel zu beschwerlich, wo sind wir hier eigentlich?? Wir waren in der Nähe von Pitigliano, einem zauberhaften Tuffsteinstädtchen, UNESCO-Weltkulturerbe.
Die Landschaft irgendwie ursprünglicher, rauer, gefühlsmäßig authentischer als im Chianti. Wir waren in der Maremma, an der Grenze zur Provinz Lazio. Das Haus ein Tuffsteinhaus mit drei großen Schlafzimmern, einem Wohn-Esszimmer mit Kamin, drei Bädern, einem traumhaften Garten und einem Pool, alles mit einem weiten Blick über südtoskanisches Land. Wir verloren unser Herz. Und wir blieben.
Wir strichen Wänden, richteten ein, ließen immer mehr persönliche Gegenstände hier.
Langsam und zögerlich kamen die ersten Kontakte zu unseren italienischen Nachbarn. Wir spürten, wie skeptisch sie uns zunächst gegenüberstanden. Welche Deutschen verirrten sich absichtlich in diesen abgelegenen Teil Italiens? Erschwerend kam hinzu, dass unsere Italienischkenntnissse, gelinde gesagt, rudimentär waren.
Ein großer Pluspunkt, und vermutlich Grund genug, uns mehr und mehr mit offenen Armen zu empfangen, waren unsere Kinder. Sie gingen ohne Scheu immer wieder bei den Nachbarn vorbei und staunten mit offenen Augen, wenn das Familienoberhaupt Irma blechweise Tagliatelle per Hand zubereitete. Sie halfen mit bei der herbstlichen Olivenernte. Wir fuhren alle zusammen in die Olivenpresse und sahen dabei zu, wie unser eigenes Olivenöl gepresst wurde. Wir fuhren mit den Nachbarn auf den Markt, wo sie verschiedene Marktstände betreiben und Haushaltswaren vertreiben, und lernten, dass ein italienischer Markt nicht einfach dazu da ist, um Essenssachen zu kaufen, sondern im Zweifel ganze Kücheneinrichtungen, inklusive Staubsauger, und Bekleidung. Wir fanden unser Lieblingsrestaurant, das „La Rocca“ auf der Piazza della Republica in Pitigliano, von wo aus man die schönsten Sonnenuntergänge der Maremma erleben kann. Wir freundeten uns mit der Besitzerin Fortuna an, die eine süditalienische Powerfrau ist, wie sie im Buche steht, mehrere Restaurants betreibt, aber auch zwei Centro Benessere, kleine Spas, in denen man alles um sich herum vergisst und auch noch mit traumhaft schönen Haaren herauskommt. Ich fand einen kleinen Bekleidungsladen, Blue Story, in Pitigliano, geführt von der wunderbaren Anna, die mir ihre schönsten Stücke zurücklegt und auf die ich unter anderem in New York angesprochen wurde. Wir freundeten uns mit dem Berliner Künstler Peter Petri an, der seit Jahrzehnten unter den Sommermonaten sein Atelier in Pitigliano betreibt, und lernten Jutta kennen, eine ehemalige Lehrerin aus Berlin, die jetzt in einem kleinen Geschäft die sogenannten und mittlerweile bekannten Pitibags näht und verkauft.
Wir haben hier Geburtstage, Feiertage gefeiert, sind mit unserem Neugeborenen, unsrer 5. Tochter, hierher gekommen. Zwischenzeitlich lernten wir Italienisch, wir besuchten Volkshochschulkurse in Deutschland, nahmen an Onlinekursen teil, schrieben uns Nachrichten mit unseren italienischen Freunden und ließen uns verbessern. Hier in der Südtoskana spricht kaum jemand Englisch. Hier scheint die Zeit in vielen Bereichen stehengeblieben zu sein. Doch man hilft sich, wo man kann und der Zusammenhalt unter den Menschen ist mit Worten kaum zu beschreiben.
Ich muss manchmal aufpassen, dass ich unsere kleine Welt hier nicht zu verklärt sehe. Der Zusammenhalt der Menschen basiert auch einfach darauf, dass es hier an vielem fehlt. Die medizinische Versorgung ist schlecht, anders kann man es einfach nicht sagen. Als unsere Nachbarin schwanger war und wir wussten, dass die nächste Geburtsklinik 1,5 Stunden entfernt war, kaufte ich Einweghandschuhe im Coop. Nur zur Sicherheit. Der krebskranke Bauer muss 2,5 Stunden zu seinem behandelnden Arzt nach Siena fahren. Er ist dabei auf die Unterstützung der Nachbarn und seiner Töchter angewiesen.
Wenn hier auf dem Land der Strom ausfällt, dann ist er weg. Und keiner weiß, wie lange. Gute und sichere Arbeitsplätze sind rar gesehen. Der Tourismus ist nicht so stark wie in anderen Teilen der Toskana.
Doch für uns ist dieser Ort magisch. Während wir hier sind, wachsen die Kinder zusammen. Fernsehen ist sekundär, das ist auch besser so, denn bei Wind und Regen ist der Empfang schlecht. Wir verbringen Tage am Pool ohne einmal auf die Uhr zu schauen.
Wir fahren morgens an den Strand von Albinia, essen abends im Strandrestautant „Il tramonto“ frischen Fisch. Wir flanieren über die Promenade in Porto Santo Stefano. Und kommen erst spät in der Nacht zurück.
Wir sitzen auf der Terrasse und trinken Wein der Catina di Pitigliano. Und mit wir meine ich nicht mehr nur uns, sondern so, wie ich es mir immer gewünscht habe, die ganze Familie, Eltern, Geschwister, Freunde. Alle waren schon hier und haben mit uns Zeit auf dem toskanischen Land verbracht. Mittlerweile haben wir Land um unser Haus erstanden. Der Traum vom ganz eigenen Olivenöl und Wein lässt uns nicht mehr los.
Wann und wie und mit wem er in Erfüllung gehen wird – keine Ahnung. Aber Träume müssen gelebt werden, manchmal nicht sofort, und manchmal kennt man auch noch nicht so richtig den Weg dorthin. Und plötzlich ist man da.
Der Abschied von der Toskana ist uns mit den Jahren immer schwerer gefallen. Da ein komplettes Leben hier für uns gerade nicht möglich ist, haben wir lange nach Alternativen gesucht. Die Schulausbildung der Kinder ist hier mit der deutschen nicht vergleichbar. Und dieser Preis, um unseren Traum zu verwirklichen, ist definitiv zu groß. Irgendwann zeigte sich die Lösung: Und die heißt Rom. Etwa zwei Stunden von unserem Land entfernt, mit einer deutschen Schule für die Kinder und mit dem unglaublichen Geschenk, an den Wochenenden und in den Ferien einfach die Sachen zu packen und hier raus zu fahren. Der Umzug nach Rom ist geschafft, wir verbringen den ganzen August noch in der Südtoskana, und dann startet unser neues Leben in Rom.
Ci vediamo…
Judith
Wir freuen uns, wenn Euch dieser Post gefallen hat, und sind gespannt auf Eure Kommentare.
Gerne könnt Ihr auch hier Fragen zu Italien und dem Auswandern mit Familie nach Rom stellen
Herzensgrüße
Eure Rike
16 thoughts on “WERBUNG Gastbeitrag von Judith @julesloveandlife: Unser Traum von der Toskana”